Arequipa II
Ernüchterung beschreibt diese Woche ziemlich gut. Da wir von verschiedenen Seiten gehört haben, wie einfach Spanisch zu lernen sei, haben wir uns da ziemlich optimistisch ins Abenteuer gestürzt. Nach 5 Tagen à 4 Stunden Privatunterricht müssen wir jedoch feststellen, dass es eigentlich wie Französisch ist, nur spricht man alle Buchstaben (manchmal etwas komisch) die man schreibt auch aus und ist sehr direkt zu einander. Für jene, die die Geschichte mit dem Händler in Arequipa I gelesen haben, habe ich hier noch einen kleinen Lacher. Als ich «cuanto costa?» gesagt habe, meinte ich natürlich «wie viel kostet das?». Leider habe ich schon am zweiten Tag gelernt, dass ich dem Händler «wie viele Küste» gesagt habe, was wohl auch sein Grinsen erklärte. Hingegen nicht ganz nüchtern sind unsere Mägen, doch dazu nicht mehr… 😉
Auch ich durfte meine Gastfamilie kennenlernen. Wir beide hatten sehr viel Glück. Wo meine Familie etwas zentraler gelegen ist, besitzt die Familie von Sam ein Auto und Haus und ist im Allgemeinen ziemlich luxuriös für peruanische Verhältnisse. Sam hat ihren gewünschten jüngeren Gastbruder der sie auf Trab hält und ich habe meine Ruhe. 😀 Mein Gastvater ist der absolute Wahnsinn, er könnte auch glatt aus einem Schauspieltheater stammen, so viel Humor und Gestik wie er in seinen Versuchen mit mir zu kommunizieren steckt.
Am 10.11.2017 spielte Peru gegen Neuseeland um die WM Qualifikation. Das Spiel ging leider 0:0 aus, was die Peruaner jedoch nicht vom Feiern abhielt. Die Schweiz mag ja gewisse Emotionen zeigen, wenn es um Fussball geht. Doch das ist nichts im Vergleich mit Peru. Wer hier kein Trikot der Nationalmannschaft trägt (am besten schon am Vortag und natürlich den ganzen Spieltag), ist ein Aussenseiter und wird komisch angeschaut. Was danach auf dem Plaza de Armas abgeht, gleicht einem Finale. Nicht auszudenken was los ist, wenn am Mittwoch 15.11.2017 Peru gegen Neuseeland gewinnt. Der Präsident von Peru hat einen landesweiten Feiertag einberufen, falls Peru gewinnt (ich glaube das würde in der Schweiz nicht einmal passieren, wenn wir Weltmeister werden würden). Wir drücken also Peru die Daumen und hoffen, dass es diesen Feiertag gibt.
Am Sonntag (12.11.2017) war ein Ausflug zu den Wasserfällen in Yura geplant. Sam und ich waren beide voller Vorfreude, mal aus der Stadt herauszukommen und etwas Natur zu erleben. Leider musste sich Sam gesundheitlich etwas schonen, wodurch ich die Reise alleine angetreten bin. Die Busstation erkennt man nur dadurch, da dort sehr viele Menschen am selben Strassenrand stehen und die Busse im Minutentakt laut hupend vorbeifahren, kurz die Türe aufmachen, ein «Chico» unaufhörlich die Busstoppe ausruft und die Leute in den noch leicht rollenden Bus hüpfen, ehe dieser wieder beschleunigt. In Yura angekommen, begann die gut 2 stündige Wanderung und wie man als Schweizer das so gewohnt ist, läuft man einfach mal los, denn der nächste gelbe Wanderwegweiser kommt bestimmt bald. Nachdem jedoch die ersten drei Kreuzungen immer vier verschiedene Richtungen haben (seltsamerweise die Wanderwegweiser fehlten) und die Landschaft (siehe Photo) links und rechts genau gleich aussieht, bekommt man bald mal ein etwas mulmiges Gefühl und verliert die Orientierung. Glücklicherweise traf ich auf ein paar Austauschstudenten aus den USA, die zwar genau gleich wenig den Weg wussten wie ich, jedoch einen lokalen, herumstreunenden Hund dabeihatten, der uns als Guide diente. Inmitten dieser Wüstenartigen Landschaft zeigte sich plötzlich ein kleiner Canyon, der auch grün bewachsen war und von einigen Ansässigen als Ackerland genutzt wird. Wir suchten uns den Weg durch den engen Canyon und kamen schliesslich an unserem Zielort an. Dort angekommen wurde kurz unter dem Wasserfall geduscht und man machte sich wieder auf den nun etwas weniger spektakulären Rückweg. Etwas erschütternd ist das Elend, das man auf dem Weg nach Yura vom Bus aus sieht und es ist schwer vorstellbar, an einem solchen Ort zu leben und versteht, wieso alle in die Städte fliehen und sich dort ein besseres Leben erhoffen.
Viel Spass mit den Bildern und geniesst den ersten Schnee zuhause!
English Version below the pictures 😉
Disillusionment describes this week pretty well. Since we have heard from different sides, how easy it was to learn Spanish, we went quite optimistically into the adventure. After 5 days with each 4 hours of private lessons, however, we must realize that it is actually somewhat like French. The Spanish language speaks out lout all the letters that are written. For those who have read the story with the merchant in “Arequipa I”, I have a little laugh here. Of course, when I said „cuanto costa?“, I meant „how much is that?“. Unfortunately, on the second day I learned that I asked the trader „how many shores“, which probably explained his grin. On the other hand, our stomachs are not quite sober, but let’s not talk about this anymore …;)
I was also able to get to know my host family. We both were very lucky. Where my family is more centrally located, Sam’s family owns a car and house and is quite luxurious for Peruvian standards. Sam has her wanted younger guest brother who keeps her busy and I have my peace. 😀 My host father is the absolute madness (in a positive way!), he could also smoothly come from a drama theatre, as much humour and gestures as he is in his attempts to communicate with me.
On November 10, 2017 Peru played against New Zealand for the World Cup qualification. Unfortunately, the game went 0-0, but the Peruvians did not stop the celebration. Switzerland may show some emotion when it comes to football. But that is nothing compared to Peru. Anyone who does not wear a national team jersey here (preferably the day before and, of course, the entire match day) is a geek and is looked at. What happens afterwards in the Plaza de Armas is like a finale. It’s hard to imagine what’s going on in Arequipa when Peru wins against New Zealand on Wednesday, November 15, 2017. The President of Peru has called a nationwide holiday if Peru wins. I think that would not even happen in Switzerland if we were to become World Champions, so we’re keeping our fingers crossed for Peru and we hope that this holiday will happen.
On Sunday (12.11.2017) a trip to the waterfalls in Yura was planned. Sam and I were both eager to get out of the city and experience some nature. Unfortunately, Sam was not feeling well, so I started the journey alone. The bus station can only be recognized by the fact that there are many people standing on the same side of the road and the buses rushing loudly every minute, shortly open the door, a „Chico“ ceaselessly calls the bus stop and people jump into the still slightly rolling bus, before the bus accelerates again. After the 1.5 hour bus ride to Yura, began the well 2-hour hike. As usually in Switzerland, I just started to hike, because the next yellow trail sign will be coming soon. However, after the first three intersections always have four different directions (strangely enough the hiking signposts were missing) and the landscape (see photo) looks exactly the same on the left and right side, you soon get a little queasy feeling and lose your orientation. Fortunately, I met a couple of US exchange students who knew as much as I did, but had a local, stray dog that guided us. In the midst of this desert-like landscape, a small canyon suddenly appeared. It was overgrown with green plants and also used by some residents as farmland. We made our way through the narrow canyon and finally arrived at our destination. Once there, we took a short shower under the waterfall and made our way back. Something upsetting is the misery that you see on the way to Yura from the bus and it is difficult to imagine living in such a place. You understand why everyone is fleeing to the cities and hoping for a better life there.
Have fun with the pictures and enjoy the first snow at home
Robert Bürgisser sagt:
Danke sehr für den Bericht. Sehr spannend zu lesen, vieles zum Nachdenken. Die Bilder sprechen für sich. Sie ermöglichen einem wenigstens einen kleinen Einblick in das Land und euer Tun zu bekommen. Bitte weitermachen 🙂
November 25, 2017 — 2:44 pm